Geschichte

Von Deuster'sches Schloss „Friedenstein", im 2. Weltkrieg zerstört; auf dessen Areal entstanden nacheinander die heutige St.-Hedwig-Schule, die D.Paul-Eber-Schule und die Sportanlagen.

Laut Pressebericht war der Tag der Einweihung ein ungewöhnlich lauer Frühlingstag. Der Architekt, die Honoratioren der Stadt Kitzingen und die geladenen Festgäste lauschten den Klängen eines Streichquartetts und den nicht näher benannten Weisen des Schul­chors. Man war in Hochstimmung und des Lobes voll für das entstandene Werk.

In der Tat stellte das geräumige Gebäude eine erhebliche Erleichterung für das Schul­leben der Kinder Kitzingens und deren Lehrkräfte dar.

Lassen Sie mich die damalige Lage in einigen Sätzen erläutern:

 

Die Situation nach dem Krieg war, wie fast überall, äußerst schwierig: 46 Volksschulen mussten mit 20 Unterrichtsräumen auskommen. Das bedeutete Wechselunterricht und, wegen des zusätzlichen Lehrermangels, den Ausfall vieler Unterrichtsstunden. Das Volks­schulwesen war gegliedert in jeweils katholische und evangelische Knaben- und Mäd­chenschulen.

 

Obwohl ab 1950 der Nord- und Westflügel der evangelischen Volksschule wiederaufge­baut und 1954 in der Siedlung ein Schulhaus mit 10 neuen Klassenzimmern entstand, stellte dies nur eine Entlastung, jedoch keine Lösung des Schulraumproblems dar. Beson­ders betroffen waren die Schüler der katholischen Schule, die im alten Gebäude in der Schrannenstraße harte Zeiten erlebten. Es gab dort nur sieben Klassenzimmer, die im Schichtunterricht benutzt wurden. 6 Klassen waren ausgelagert. Übrigens gab es für diese 20 Klassen nur 12 Lehrer!

 

Als am 22.2.57 der Stadtrat dem Bau einer neuen Volksschule im Deusterpark zustimmte, sprach man von einem „Schulhaus für Generationen", mit dem das Volksschulproblem in Kitzingen großzügig und restlos gelöst werden sollte. Nach 42 seither vergangenen Jahren Kitzinger Schulgeschichte wissen wir, dass dieses Vorhaben nicht gelungen ist, sind doch unsere Schüler weiterhin auf drei Schulhäuser verteilt. (St. Hedwig, Wirtschaftsschule, Sulzfeld)

 

Zurück zum Schulhausneubau im Deusterpark:

 

Bereits gut zwei Jahre nach diesem Stadtratsbeschluss, am 4.4.59, wurde in eben diesem Innenhof das Schulhaus durch Herrn OB Dr. Klemmert feierlich eröffnet. Stadtbaurat Schneider erläuterte in seiner Festrede die Grundkonzeption der neuen Schule:


„Städtebaulich durfte durch die Schule die schöne Silhouette der evangelischen Stadt­kirche, wie sie sich vom jenseitigen Mainufer darbietet, nicht überragt werden. Daraus ergab sich die Notwendigkeit einer bewusst horizontalen Gliederung: Außerdem galt es, die Weite des Parks nicht abzuriegeln - eine Forderung, die in der ‚Durchsichtigkeit‛ und der äußeren Farbgebung der Schule berücksichtigt wurde."

 

In diesem Zusammenhang wies Baurat Schneider auf die dezente Farbgebung im Inneren der Schule hin und die damit verbundene Absicht, der kindlichen Phantasie auch noch einen Spielraum zu be­lassen.

 

„Sein Bestreben sei es gewesen, unserer Jugend ein Gehäuse zu bauen, das sie nicht schreckt, sondern anheimelt, das ihnen etwas von der Weite unserer Mainlandschaft ver­mittelt und doch die nötige Sammlung ermöglicht, das den neuesten Erkenntnissen der Pädagogik Rechnung trägt, das in echtem Sinne sparsam gebaut ist, aber doch in Material und Farbe ein Gefühl für Qualität offenbart."

 

Das gesamt Bauwerk einschließlich der Außenanlagen kostete die Stadt Kitzingen 1,2 Millionen Mark.

5.April 1959, Atrium der Volksschule im Deusterpark, Eröffnungsfeier

Aber auch diese Aufteilung sollte nicht lange Bestand haben: Mit Wirkung zum 1. August 1969 wurden die Bekenntnisschulen aufgelöst und in die bis heute geltenden Strukturen übergeführt. Eine Unterschriftenaktion gegen die Abschaffung der Konfessionsschulen blieb erfolglos und so zogen einen Tag vor Sommerferienbeginn die evangelischen Klassen 1 bis 4 durch den Deusterpark hinunter in die bisherige katholische Volksschule. Ihnen begegneten die katholischen Hauptschüler, die ihrerseits ins ehemalige evangeli­sche Schulhaus hinaufmarschierten.

 

Die erste Schule im Deusterpark wurde zu einer reinen Grundschule und erhielt den Namen St. Hedwigschule. Das 1967 eingeweihte Gebäude wurde zur Hauptschule und erhielt den Namen Dr. Paul Eber Schule.

 

Wir feiern eigentlich ein zweites Jubiläum, nämlich 40 Jahre St.-Hedwig-Schule!

Welch weise Namensgebung! Die heilig gesprochene Hedwig, die in die Fremde ging, um dort als Ausländerin zu leben und Gutes zu tun, als Patronin für eine Schule, die heute einen Anteil von immerhin 25% an Kindern hat, deren Muttersprache nicht deutsch ist. Als Patronin für eine Schule, die eine ihrer wichtigen Aufgaben in der Unterrichtung und In­tegration von Ausländern, Kriegsflüchtlingen, Asylbewerbern und Aussiedlern sieht.

 

Mit dem ersten Unterrichtstag des neuen Schuljahrs 69/70 starteten unter einem Dach gleich zwei organisatorisch voneinander getrennte Hedwigsschulen ihren Schulbetrieb: Die St. Hedwig-Grundschule I mit ihrem Leiter, Herrn Rektor Köhler, und die St. Hedwig-Grundschule II mit ihrer bereits bekannten Rektorin, Frau Pfrenzinger. Jeweils 8 Klassen von 1. bis 4 wurden in jeder Hälfte unterrichtet.

 

Als am 17. Juli 1970 der Sportplatz im Deusterpark durch Herrn OB Schardt an die Schu­len übergeben wurde (die Turnhalle mit Gymnastikraum war bereits 1968 fertig gestellt worden), waren alle Baumaßnahmen im Deusterpark abgeschlossen.

 

Seither blieb unsere Schule im Außenbereich baulich unverändert. In einem architek­tonischen Schildbürgerstreich wurden 1990 die feuchten Wände, die an diesen Innenhof grenzen, durch Tonnen von Beton für alle Ewigkeit abgedichtet. Eine gute Möglichkeit zur Schaffung eines dringend benötigten Versammlungsraumes wurde unwiederbringlich vertan.

 

Noch sehr gut in Erinnerung ist uns allen die Generalsanierung in den Jahren 1994 bis September 1997, die eine dringend notwindig gewordene Erneuerung des undichten Daches, der verrotteten Fenster, der veralteten und nur noch teilweise funktionsfähigen Sanitäranlagen, und der energieaufwendig arbeitenden Heizungsanlagen brachte. Durch eine moderne Beschattungsanlage und durch farbliche Umgestaltung der doch recht düsteren Gänge und Zimmer erstrahlt unser Schulhaus in neuem Glanze.

 

50 Jahre Schule im Deusterpark auf geschichtsträchtigem Boden sind 50 Jahre „Schule im Wandel", ein Wandel, der noch lange nicht abgeschlossen ist, ja niemals abgeschlossen sein wird, denn Schule ist nicht nur Gebäude, nichts Statisches, sondern stets in Bewe­gung, stets eingebunden in einen niemals erstarrenden Prozess. Schule lebt und wird ge­formt durch die in ihr agierenden Menschen. Neben zahlreichen Lehrpersonen haben seit 1959 schätzungsweise 6000 Kinder diese Schule besucht, in ihr gelernt, gelacht, geweint, erste zaghafte oder forsche Schritte in eine neue Welt getan.

 

Einmal, nach 50 Jahren, innehalten, zurückschauen, sich über Geschaffenes freuen, aus gemachten Fehlern lernen, nach vorne schauen, Visionen haben und zu verwirklichen suchen - in diesem kreativen Innehalten - fern jeglichen musealen Denkens, liegen für mich Bedeutung und Sinn dieser Festtage.

 

(Norbert Zwicker, ehemaliger Rektor)