Zeitzeugen erzählen

vom schwärzesten Tag in der Geschichte Kitzingens

Viele gibt es nicht mehr und sie werden immer weniger, die Zeitzeugen, die den 23. Februar 1945 und mit ihm den Angriff auf Kitzingen erlebt haben und davon berichten können.

Einer von ihnen ist Franz Heinz Krauß, den Rektorin Andrea Lorey an diesem Tag in der St.-Hedwig-Grundschule begrüßt.
Er hat diesen Tag ganz in der Nähe des Kitzinger Bahnhofs, am Friedrich Bernbeck Platz in Kitzingen erlebt. Krauß ist Lesepate in einer 2. Klasse, aber diesmal kommt er zu den Schülern der 4. Klasse um ihnen vom Angriff auf Kitzingen in den letzten Tagen des 2. Weltkriegs zu erzählen. Obwohl sich dieser Tag heuer zum 74. Mal jährt, hat er sich in sein Gedächtnis eingebrannt. Er weiß noch, was er gerade spielte und welches Mittagessen seine Mutter vorbereitete, als der Hauptalarm ertönte. Am Rock seiner Mutter vorbei sah er aus dem Fenster, als die Formation der Bombenflugzeuge auf Kitzingen zukam. Jede kleine Einzelheit kann er abrufen, als er vor den Kindern steht und ihnen schildert, wie für ihn und seine Familie dieser Tag abgelaufen ist.

Und die Kinder sind mucksmäuschenstill. Gebannt hören sie zu, als er von der Phosphorbombe berichtet, die sein Elternhaus vom Dach bis zur Kellerdecke durchschlagen hat, von der Nachbarin, die einfach betend am Küchentisch sitzen blieb, von der Haustür, die durch die Druckwellen hin und her geschüttelt wurde, wie ein Vorhang. Krauß erzählt von seinem Bruder, der an diesem Tag nicht in den Kindergarten wollte – was ihm das Leben gerettet hat. Die Kinder, die mit den Kindergärtnerinnen vor den Bomben in die tiefen Malzkeller der nahen Brauerei geflüchtet waren, wurden alle verschüttet. „Sie wurden nie gefunden“, erklärt Krauß. „Man sagt, sie liegen heute noch dort unten.“
Er erzählt von der Arztpraxis in der Nähe, zu der eine Nachbarin zum Verbinden lief. Das Haus war dem Erdboden gleichgemacht. Die Helfer konnten die Frau, ihre drei Kinder und das Kindermädchen noch rufen hören, aber sie fanden den Kellereingang nicht. Alle fünf mussten ersticken.

Wie bewegt die Schüler sind, sieht man ihren Gesichtern deutlich an und den erwachsenen Zuhörern läuft es eiskalt den Rücken hinunter. „Das habe ich gelernt“, gibt Krauß den Schülern am Ende mit auf den Weg, „Krieg ist immer furchtbar und es gibt nur Verlierer. Seid froh, dass ihr im Frieden leben dürft und passt auf, dass es so bleibt.“